Termine…

Termine…

Schon den ganzen Morgen geht mir etwas durch den Kopf, das ich gar nicht so richtig fassen kann. Es geht um Termine, um „Pflichten“, um „Arbeit“. Es geht um Mütter, die nicht mehr ein und aus wissen, aber „keine Zeit“ haben, etwas gegen immer größer werdende Probleme und depressive Verstimmungen zu tun.

„Ich werde mich natürlich auch mal entspannen und die Adventszeit genießen – wenn ich mit den Geschenken für Tante Olga und Onkel Heinz fertig bin und die selbstgebastelten Weihnachtskarten verschickt habe und das neue Rezept für das Weihnachtsmenue ausprobiert habe und dem Kindergarten beim Renovieren des Gesellschaftsraums für die Krippenaufführung geholfen habe…..“

„Mit sehendem Auge in das Unglück rennen“ kommt mir da in den Sinn. Zu spüren und zu wissen, dass man sich gerade hoffnungslos überfordert und trotzdem weitermachen. Und natürlich die Frage nach dem WARUM. Warum tut man sich das an? Die meisten wissen, dass sie viel zu viel tun und dass es nicht gerade förderlich für die eigene Gesundheit ist und sie eigentlich etwas mehr Ruhe bräuchten. Sie merken, dass die Rückenschmerzen immer schlimmer werden und sie nachts nicht einschlafen können, weil die Gedanken sie nicht loslassen und das Kopfweh jetzt schon drei Tage anhält – aber sie kommen aus dem Hamsterrad einfach nicht raus.

Mütter und ihre Termine. Egal, ob berufstätig oder nicht. Eigentlich…. wenn man berufstätig ist, hat man des öfteren ein schlechtes Gewissen – aber doch auch eine nette Begründung, warum man das jetzt nicht machen kann  Da ich ja mit Kindern zuerst mein Abitur per Fernkurs nachgeholt, dann an der Uni studiert und nun ein Onlinebusiness eröffnet habe, hatte ich ja immer etwas zu tun. Wenn die Kinder im Schwimmkurs waren, nutzte ich die Zeit, um in der Cafeteria die Mathe-Aufgabe zu erledigen. Übrigens würde ich das heute gerne mal von außen sehen, wie ich da einen großen Tisch mit meinen Unterlagen in Beschlag nahm und jeder zu mir rüber schielte, was ich da denn mache, wenn ich laut vor mich hin fluchte. Samstag abends Schulfest und es werden Helfer gesucht, die die Rostwürstchen umdrehen – sorry, ich schreibe am Montag eine Prüfung. Wir schnitzen mit den Kindern Kürbisköpfe – nö, geht nicht, ich muss eine Präsentation vorbereiten. Im Kindergarten den Geburtstag der Tochter mit vor Ort frisch zubereiteten Spaghetti Bolognese und Schokoladencreme als Dessert sowie einer dreistöckigen Geburtstagstorte feiern – nein, sorry, ich habe da einen wichtigen Termin und es gibt einen ganz gewöhnlichen Marmorkuchen.

Irgendwann habe ich gemerkt: Okay, das glaubt mir ja niemand. Es wird so oder so gelästert. Weil einfach niemand von den anderen Elternteilen so lebte wie ich. Das war unbekanntes Terrain, sie wussten einfach nicht, wie das ist, wenn man für die Abiturprüfung 3 Jahre lang Lehrbriefe abarbeiten muss. Oder wie viel Vorbereitung eine 35 jährige Studentin braucht, wenn sie an der Uni vor lauter 19 jährigen eine Präsentation über Probleme mit älteren Patienten hält. Aber wenn mir keiner meine Begründung glaubt, dann brauche ich doch vielleicht auch gar keine? Dann ist es vielleicht okay, wenn ich einfach sage: „Ich will das einfach nicht machen!“

Im Nachhinein kann ich mich kaum an eine andere Mutter oder einen anderen Vater persönlich erinnern. Also haben mich die missbilligenden Blicke wohl gar nicht so tief getroffen. Wichtig waren mir ganz andere Dinge. Immer da zu sein, wenn die Kinder mir etwas erzählen wollten. Da wurde der ganze Papierkram einfach weg geschoben und musste warten. Ich weiß noch, wie ich mit meinem Sohn in der Nacht vor einer Vordiplomprüfung bis morgens um 3 Uhr am Tisch gesessen und diskutiert habe. Den Kindern zu zeigen, wie wichtig ihr Geburtstag für mich ist, auch wenn ich mich nicht in den Kindergarten stelle und ein dreigängiges Menü koche (das würde von mir sowieso niemand essen wollen). Ja, natürlich gehörten da auch Backvormittage in der Grundschule dazu, als die Kinder klein waren, und selbstverständlich auch Schulveranstaltungen mit Präsentationen und Projekten des eigenen Nachwuchses. Klar, ich bin auch mit der Laterne gewandert und habe Ostereier im Pfarrgarten gesucht. Aber nicht ALLES muss IMMER mitgemacht werden und nicht ALLES ist für die Kinder selbst wichtig.

Denn was ist denn die langfristige Auswirkung, wenn man es allen anderen recht machen will? Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit ist das sehr gut zu beobachten. Backen ja, aber muss es denn jetzt tatsächlich ein Backmarathon über vier Wochenenden sein? Muss man denn wirklich an jeder Vereinsfeier teilnehmen? Muss man sich in der Schule, in der Kirche und gleichzeitig auch noch im Kinderturnen ehrenamtlich engagieren? Wobei ich mich immer frage, ob genau DIE Mütter, die das angeblich gerne tun und superwichtig finden, auch über die herziehen, die es nicht machen wollen oder können – weil sie es vielleicht im Grunde ihres Herzens auch nicht wirklich machen wollen? Muss man sich als Mama wirklich ganz alleine um Dekoration, Einkauf, Geschenke und Verpacken kümmern? Muss man das Nebensächliche wie Müll raustragen, Boden wischen, Kühlschrank sauber machen denn wirklich alleine machen, weil genau in dem Moment mal wieder grad niemand anderes da ist? Oder geht das auch anders?

Darf und kann man auch einfach mal Nein sagen? Ohne schlechtes Gewissen? Darf und kann man einige Termine einfach nicht wahrnehmen, weil sie für einen selbst und die eigenen Kinder gar nicht so wichtig sind? Darf und kann man einfach mal andere machen lassen? Darf und kann man die ganze Familie dabei mit ins Boot nehmen? Kann denn derjenige, der glückselig mit am Back-Tisch sitzt und fünfzehn Tannenbäume hintereinander mit Liebe ausstanzt, auch an Einkauf, Spülen, Müllentsorgung und anschließendem Küche-Reinemachen teilnehmen? Klar, ist schon etwas ungemütlich, wenn man es anders gewöhnt ist. Stößt auch bestimmt nicht auf Begeisterung. Aber ich denke schon, dass es sich lohnt. Damit Mama nicht nach Weihnachten erschöpft in der Küche sitzt und sich wünscht, dass die Schulferien bereits am 25.12. zu Ende sind, damit sie wenigstens morgens ihre Ruhe hat. Und damit sich auf Dauer etwas ändert, an jedem einzelnen Tag und nicht nur im Dezember.

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