Gestern habe ich mit zwei Kollegen geschrieben, die Ende des Jahres aufhören. Eigentlich sollte ich mich darüber freuen, weil ich damit wieder einen Schritt weiter in Richtung Porzellanherrschaft komme: ich will ja die Porzellanwelt erobern.
Tatsächlich macht es mich aber traurig. Ich weiß, wie viel Herzblut in diesen Shops steckt. Es sind keine einfachen Verkaufsläden, in denen halt alles verkauft wird, was Gewinn bringt. Es sind noch nicht mal An- und Verkaufsläden, in denen es von alten Uhren über Spielsachen und Plastiksachen irgendwie alles gibt. Wer Markengeschirr von früher verkauft, ist irgendwie anders. Im positiven Sinne natürlich
Was mich freut: meist sind die Inhaber weit über 70 und haben länger gearbeitet als bis zum Durchschnittsrentenalter. Da kann man den Alltag ruhig auch mal etwas langsamer angehen, und ich gehe einfach mal davon aus, dass sie ihre Arbeit geliebt haben. Trotzdem finde ich es irgendwie schade - auch wenn ich weiß, dass ich da meine eigenen Gefühle auf andere projiziere. All dieses tolle Geschirr und nur noch ein paar Shops, die sich darauf spezialisiert haben....
Was bedeutet das für den Porzellanladen?
Ich habe ein klares Ziel und kenne auch den ungefähren Weg dorthin. Wie man immer so schön sagt: "Wenn nix dazwischen kommt". Ich glaube ganz fest daran, dass WIR (wir, die wir dieses Porzellan lieben) VIELE sind. Ich glaube NICHT an die Negativsprüche "Geschirr ist heute nichts mehr wert" und "Niemand will das Porzellan, das kommt jetzt in die Tonne". Denn meiner Meinung nach gibt es für all diese schlechten Erfahrungen hauptsächlich zwei Gründe:
1. das Geschirr hat einfach einen ungünstigen Preis
2. das Angebot erreicht nicht die richtigen Menschen
Wenn ich sehe, wie oft ich Geschirr zum gleichen Preis wie die Endkunden angeboten bekomme, dann wurde bei der Preisfindung vielleicht nicht so ganz richtig überlegt. Kein Kollege von mir bezahlt über 1.500 Euro für ein Rusticana oder Burgenland (wenn es nicht gerade überdimensional groß ist). Das ist kein Einkauf, das ist eine handfeste Investition. Und die würde ich für ein edles Paloma Picasso tätigen, aber nicht für Rusticana/Burgenland/Valeria/Summerday/Fasan.
Und dann kommt 2. ins Spiel: wie ich immer in unserer Gruppe sage "Der Preis ist der Preis ist der Preis ist der Preis". Es findet sich fast immer ein Interessent für dein Zeugs zu deinem Wunschpreis. Aber man muss halt dann auch Geduld habe. Auch das stelle ich in unserer Gruppe immer wieder fest: es wird irgendwie angenommen, dass das Geschirr sofort und auf der Stelle Liebhaber findet. Manchmal ist das der Fall, dann läuft Lottine wie ein Lottchen. Aber oft ist es so, dass es einfach dauert. Was denkt ihr, wie oft ich ein Geschirr hier in den Regalen stehen habe, bis der neue Traumbesitzer kommt und schreit: "Ja, das ist genau das, was ich suche!"
Auch das ist ein Grund, warum ich 98% aller Ankaufangebote ablehne. Ich weiß einfach aus Erfahrung, dass 100 Teile eines Services nicht innerhalb von einem Monat komplett verkauft werden. Es bleiben immer Überreste: Kaffeekannen, Saucieren, Unterteller. Deshalb stimmt die Rechnung der Anbieter nicht, die mir immer schreiben: "Ich habe ihren Verkaufspreis gegoogelt, Sie bekommen für mein Service ganze 1.694 Euro". Ja, vielleicht. Wenn alles gut geht "und nichts dazwischen kommt". Siehe oben.
Was kann dazwischen kommen?
- die Teller sind halt dann doch nicht so ganz unbenutzt, sondern haben tiefe Kratzer ("Ich weiß gar nicht, wo die herkommen")
- die Butterdose wird mit Neupreis gerechnet, dabei hat sie überall dunkle Punkte (ich kann euch gar nicht sagen, wie oft das passiert. Ist eher Standard als Ausnahme.)
- die Kaffeetassen sind irgendwie mini und eher für einen kleinen Espresso geeignet (dieser Unterschied schmälert den Wert enorm)
- ein paar wichtige Teile fehlen komplett ("Hatte ich das nicht erwähnt?")
- und der Klassiker "Das sind keine Macken und Abplatzer, das sind ganz normale Gebrauchsspuren".
Und nun? Wann sind denn dann die 1.694 Euro auf meinem Konto? Ach ja, überhaupt nicht. Ist halt was dazwischen gekommen.....
Ja, und so kann man sich sein Geschäft kaputt machen.
Wenn WIR etwas falsch machen (ja, das kommt vor. Hier arbeiten Menschen. Und unser Freund Chatty.), dann müssen wir auch dazu stehen. Heißt: wenn die Ware nicht so ist wie beschrieben, dann übernehmen wir auch noch zusätzlich die anfallenden Rückversandkosten. Wenn wir die Ware dank unseres nicht-so-intelligenten Lagersystems gar nicht hier haben, müssen wir natürlich den Kaufpreis zurückzahlen. Und wenn etwas kaputt geht, dann übernehmen wir den Schaden. Nicht DHL, sondern wir. Also: es kann immer mal was dazwischen kommen - aber warum sollen wir dann klaglos in Kauf nehmen, dass von 20 gekauften Teilen nur 15 heil hier ankommen? Auch wenn wir nur mit Käuferschutz kaufen und unser Geld zurückbekommen: die ganze Kalkulation ist im Eimer und meistens lohnt sich damit der ganze Kauf nicht mehr.
So, das waren mal wieder viele Gedanken für den frühen Morgen. Jetzt geht´s an die Arbeit. Habt einen schönen Tag und liebt das, was ihr tut